Handelsvertreter in Frankreich: Kündigung
Frankreich hat sich gem. Art. L 134-12 Code de Commerce („en cas de cessation de ses relations avec le mandant, l’agent commercial a droit à une indemnité compensatrice en réparation du préjudice subi“) bei rechtswidriger Kündigung eines Handelsvertreters für das Modell eines „pauschalisierten“ Entschädigungsanspruchs entschieden, womit dem Handelsvertreter den auf Grund der verlorenen Marktstellung entstandene Schaden zu ersetzen ist. Dem Grunde nach geht das französische Recht davon aus, dass der Handelsvertreter in Frankreich bei einer rechtswidrigen Kündigung seinen Kundenkreis (und damit natürlich auch die eigene Erwerbstätigkeit) verliert, dem Unternehmen hingegen weiterhin ermöglicht bleibt, aus diesem Kundenkreis Umsatz zu generieren (Cour d’Appel de Reims, 6. September 2004; Cour de Cass. Com. 5. April 2005; Cour de Cass. Com. 26. März 2008).
Diese Regelung ist eine sog. „ordre public“ Vorschrift, d.h. eine für beide Seiten verbindliche Regelung, von der die Vertragsparteien keinerlei vertraglichen Abweichungen treffen können (siehe Art. L. 134 6 16 Code de Commerce). Eine Umgehung dieser den Handelsvertreter sehr schützenden französischen Vorschrift durch Vereinbarung einer Rechts- und Gerichtsstandsklausel eines anderen Staates, welche den Handelsvertreter weniger schützen würde, ist quasi aussichtslos.
Schadenersatz bei Handelsvertreterverträgen
Der mögliche Schadenersatzanspruch muss hingegen vom Handelsvertreter zwingend gem. Art. L. 143-12 Code du Commerce (frz. Handelsgesetzbuch) innerhalb der Frist eines Jahres ab Kündigung geltend gemacht werden. Andernfalls verliert er diesen Entschädigungsanspruch.
Aufgrund fehlender Schadenersatzhöhe im „Code de Commerce“ gewährt die Rechtsprechung den rechtswidrig gekündigten Handelsvertretern in der Regel eine Schadenersatzhöhe von 2 Bruttojahresprovisionen. Hierbei wir auf den Mittelwert der letzten drei Jahresprovisionen abgestellt. Dies gilt selbst dann, wenn der Handelsvertreter weniger als 2 Jahre für das Unternehmen beschäftigt war (Cour d‘appel Nancy, 22. September 1999).
Die Höhe dieses Entschädigungsanspruches könnte lediglich dann reduziert werden, wenn der Auftraggeber nachweisen kann, dass die Beendigung gutgläubig und nicht abrupt erfolgte. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn die Kündigungsfrist eingehalten und idealerweise sogar verlängert wird. Ferner müsste der Auftraggeber ebenfalls nachweisen können, dass die Beendigung des französischen Handelsvertretervertrages aufgrund des Fehlverhaltens des Handelsvertreters erfolgte (z.B. Nichtbeachtung der vertraglichen Handelsvertreterbestimmungen). Eine geringere Beschäftigungsdauer kann ebenfalls Einfluss auf die Berechnung der Schadenersatzhöhe haben wie der Umstand, dass der Handelsvertreter nach Beendigung eine neue Beschäftigungstätigkeit gefunden hat.
Der Handelsvertreter verliert den kompletten Entschädigungsanspruch hingegen, wenn gem. Art. L. 134 – 13 Code du Commerce ein sog. „faute grave“, mithin ein „schweres Verschulden“ vorliegt (ähnlich der ausserordentlichen Kündigung bei Arbeitnehmern) oder wenn der Vertrag auf Initiative des Handelsvertreters beendet wurde. Hierfür reichen schlechte Umsatzzahlen allein nicht aus.